Fokussiert schaut Stephan Wegner auf das Schachbrett. Plötzlich zieht er einen Bauern nach vorne und drückt auf die Schachuhr. Sofort läuft er los, denn jede Sekunde zählt. Zwei Schachspieler des SV Bönen lieferten sich am vergangenen Wochenende eine besonders ungewöhnliche Begegnung. Denn bei den Denksportlern war nicht nur Grips, sondern auch körperliche Fitness gefragt. Nach jedem fünften Zug, den die Akteure auf dem Schachbrett zogen, begaben sie sich auf eine 400 Meter lange Laufrunde. Die Kombination aus dem kognitiven und dem konditionellen Teil, wurde für die Sportler schnell zur Herausforderung: „Man muss permanent den Fokus halten, um keine unnötige Zeit zu verlieren“, berichtet Stephan Wegner. „Außerdem war es schwierig beim Laufen das Tempo hochzuhalten und wenn man zurück ans Brett kam, sofort wieder in der Figurenstellung zu sein, statt erst durch durchzuatmen.“
Die Idee zu diesem ungewöhnlichen Modus entstand auf einem Mannschaftsabend des SV. Wie es jedoch genau dazu gekommen ist, weiß Wegner nicht mehr. „Ich glaube, wir wollten gucken, wer bei sowas gewinnen würde: Der bessere Schachspieler oder der bessere Läufer“, erklärt Jan-Niklas Dalley, der sich mit Wegner am Brett duellierte.
Am Ende gewann Stephan Wegner, der auf dem Papier stärkere Denksportler. Wer die Partie für sich entscheiden sollte, war vorher völlig unklar, da sowohl Schachspieler als auch Laufsportler ihre Vorteile ausspielen können. Besonders laufstarke Schachspieler wollen die Partie in die Länge ziehen: „Es gibt Mittel und Wege, das zu provozieren, weil man auch eine faktisch verlorene Stellung noch lange spielen kann. Wenn dann zum Beispiel ein Bauer auf das Umwandlungsfeld gebracht werden muss, kommen einige Züge zusammen“, erläutert Wegner. „Als schlechterer Läufer hatte ich dann noch die Idee am Brett so wenig Zeit wie möglich zu verlieren. Ich brauche die Zeit zum Laufen.“
Doch trotz der sportlichen Fähigkeiten, die man mitbringen musste, war das taktische Verständnis wichtiger. Die Spieler mussten sich ihre 30 Minuten, die sie zur Verfügung hatten, klug einteilen. Hierfür will Wegner die beste Herangehensweise herausgefunden haben: „Grundsätzlich denke ich, das wichtigste ist den Zug schnell auszuführen, wenn der andere rennt. Der Gegner muss immer auf seiner Zeit laufen.“ So konnten die Sportler die Zeit des anderen dezimieren. Zu langes Überlegen, langsame Laufrunde oder auch ein schlechter Zug rächen sich im Laufe der Partie.
Da der erste Pilot-Versuch des „Schach-Laufens“ geglückt ist, plant der SV Bönen in näherer Zukunft eine Fortsetzung in Turnierform. Wann genau die Veranstaltung stattfinden soll, ist noch nicht geklärt.